Auch Angriffe auf Musliminnen und Muslime müssen aufs Schärfste verurteilt werden

Regensdorf, 29. März 2024 | Stellungnahme

Am 26.03.2024 trafen sich die FIDS und die DIGO mit dem inzwischen aus dem Spital entlassenen, jungen Opfer des Messerangriffs in Bad Ragaz. Bei diesem Besuch ging es zum einen darum, dem Teenager baldige Genesung zu wünschen und zum anderen die Einzelheiten dieses schrecklichen Angriffs besser zu verstehen. Dabei wurde deutlich, dass es sich nicht um einen banalen Nachbarschaftsstreit oder eine persönliche Abrechnung handelte, sondern um einen Angriff aufgrund der Religion und der Herkunft des jungen Opfers und des Vaters. Während seiner brutalen Tat machte der Angreifer eindeutig muslimfeindliche und rassistische Aussagen.1 Die Äusserungen des Täters lassen darauf schliessen, dass der Angriff gegen alle Musliminnen und Muslime gerichtet war.

Was uns als muslimische Gemeinschaften im Nachgang zu diesem schrecklichen Angriff jedoch enorm irritiert, ist die Tatsache, dass dieser Fall von den Medien tendenziell als Messerstecherei und Gewaltdelikt betitelt wird. 2 Es gibt keine korrekte Einordnung dieses rassistischen Angriffs. Anstatt von einer antimuslimischen Attacke zu sprechen, werden lediglich die persönlichen Schilderungen des Opfers wiedergegeben. Eine behördliche oder journalistische Empörung und Verurteilung findet nicht statt. Einzig eine privat organisierte, jüdisch-muslimische Gruppe hat sich in Chur solidarisch mit den Opfern dieses rassistischen Angriffs gezeigt. Der Angriff ist zum heutigen Tag praktisch schon in Vergessenheit geraten.

Die Polizei bezweifelt, dass es ein islamfeindlicher Angriff war, weil «beide Seiten einen Migrationshintergrund haben»3. Daher fragen wir uns augenreibend: Schliesst denn ein Migrationshintergrund beim Täter die Islamfeindlichkeit eines Messerattacke per se aus?

Schweizer Musliminnen und Muslime sehnen sich nach Solidarität

Wir hoffen zwar, dass die offiziellen Ermittlungen wichtige Erkenntnisse zu Tage fördern werden, befürchten allerdings zugleich, dass dieser Angriff insgesamt nicht korrekt aufgearbeitet wird.  Zu einer gesamtheitlichen Aufarbeitung würde unserer Meinung nach auch die Frage, wo sich der Angreifer radikalisiert hat, gehören – eine Frage, die bis anhin weder medial noch von den Behörden adressiert wurde. Man stelle sich diesen Messerangriff nur einmal unter umgekehrten Vorzeichen vor, also mit einem muslimischen Täter. Im Anschluss wäre die Frage der Radikalisierung das zentrale, priorisierte Thema. Wie sollen nun die muslimischen Gemeinschaften diesen ambivalenten Umgang mit Tätern und Opfern einordnen?

  1. Rundschau – Play SRF
  2. Bad Ragaz: Gewaltdelikt fordert zwei Verletzte (tagblatt.ch)
  3. Bad Ragaz: Opfer spricht über Bluttat an ihm und seinem Vater (tagblatt.ch)

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