Lieber Terrorist als Psychopath?
Was steckt hinter den Selbstmordattentaten muslimischer Jugendlicher? Weniger eine Radikalisierung des Islam als eine Islamisierung der Radikalität, schreibt Olivier Roy.
Seit den Terrorangriffen auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 herrscht Krieg – nicht nur «war on terror», sondern auch eine Art Krieg der Interpretationen und Deutungen: Welche Motive verbergen sich hinter den Attentaten? Was soll damit bezweckt werden? Und handelt es sich um einen Clash der Kulturen oder der Religionen? Politologen, Soziologen und Psychologen gehen diesen Fragen nach und präsentieren Antworten wie etwa: Das Ziel der Attacken gelte letztlich den westlichen Werten, die als Unwerte deklariert und deklassiert werden. Diese Anschläge erfolgen ausgerechnet mit modernster westlicher Technologie, was nur einen der Widersprüche im Weltbild der Attentäter darstelle.
Eine andere Auslegung erkennt in den Attacken ein Ventil für den Überdruck, der im gesamten arabischen Raum vorherrsche. Es handle sich um die ersten Erschütterungen, die der dort zu erwartenden Revolution vorausgingen. Der Westen, dem die Rolle des Bösen zugewiesen wird, fungiere quasi als Blitzableiter.
Anstatt in der muslimischen Welt selbst kommt es in den freien, fortschrittlichen Städten Europas und Amerikas zur explosiven Entladung – genau an jenen Orten, wo die zweite Generation der muslimischen Einwanderer die Kluft zwischen der säkularen Gegenwart und ihrer archaischen Herkunft am stärksten spürt. Einige wenige ihrer Vertreter greifen dann zur Tat und suchen die Zerstörung.
Den ganzen Artikel lesen Sie im Tagesanzeiger vom 30.09.2017.