Wenn das Bild vom muslimischen Mann toxisch gezeichnet wird
Am 09. August 2025 veröffentlichte der Tages-Anzeiger einen Artikel über eine junge Frau, die zum Islam konvertierte. Darin äussert ihre Mutter die Sorge, ihre Tochter könne in ihrer Ehe nicht respektiert werden. Diese Angst steht sinnbildlich für ein weit verbreitetes Problem: Das Bild vom muslimischen Mann wird in unserer Gesellschaft noch immer zu oft als toxisch, patriarchal und gewaltbereit gezeichnet.
Wir als FIDS sind überzeugt: Ein solches Pauschalbild hilft niemandem – weder den Frauen noch den Männern. Es verdeckt die Realität, dass Gewalt und Unterdrückung nicht aus dem Islam selbst kommen, sondern aus patriarchalen Machtstrukturen, die in vielen Kulturen – ob muslimisch oder nicht – bestehen. Wer den Islam kennt, weiss: Unser Prophet Muhammad ﷺ hat ein völlig anderes Vorbild gelebt.
Patriarchat ist kein islamisches Monopol
Patriarchale Systeme gab und gibt es auf allen Kontinenten und in allen Religionen. Unterdrückung, Zwangsheirat oder Gewalt in Partnerschaften sind kulturell und strukturell bedingt – nicht religiös vorgeschrieben. Im Gegenteil: Der Islam hat bereits vor über 1400 Jahren Frauen Rechte zugesprochen, die in vielen Gesellschaften erst Jahrhunderte später selbstverständlich wurden.
Der Prophet Muhammad ﷺ sagte: „Die Besten unter euch sind diejenigen, die am besten zu ihren Frauen sind.“ (Sunan At-Tirmidhi, 3895)
Dieses Ideal widerspricht jeder Form von Gewalt, Zwang oder Demütigung.
Ehe als Partnerschaft – nicht als Machtausübung
Der Koran beschreibt Ehepartner als „Gewänder füreinander“ (Sure 2:187) – ein Bild, das Geborgenheit, Schutz, Nähe und gegenseitige Achtung vermittelt. Ein Gewand hält warm, schützt und verdeckt Schwächen. Das ist das Idealbild der Beziehung im Islam: Liebe, Barmherzigkeit und gegenseitige Unterstützung.
Zwang, egal ob emotional oder körperlich, ist haram (verboten) und gilt als Missbrauch. Intimität darf niemals erzwungen werden – sie ist nur dann erlaubt, wenn beide Partner einverstanden sind. Der Prophet ﷺ lebte vor, dass Geduld, Respekt und Fürsorge die Grundlage jeder Ehe sind.
Was Verantwortung im Islam wirklich bedeutet
Im Koran wird dem Mann eine Qawwamah zugeschrieben – eine Verantwortung als Beschützer, Unterstützer und Versorger. Diese Rolle wird oft missverstanden. Sie bedeutet nicht Überlegenheit, sondern dienende Führung, die auf Schutz, Gerechtigkeit und Fürsorge basiert.
Wenn Männer diese Verantwortung missbrauchen, handeln sie gegen die Lehre des Islam. Wahre Führungsstärke zeigt sich darin, der Partnerin Sicherheit, Respekt und emotionale Stabilität zu geben – im Privaten wie in der Öffentlichkeit.
Ein Aufruf zu Differenzierung
Der Fall aus dem Tages-Anzeiger-Artikel verdeutlicht, wie stark Ängste durch stereotype Bilder geprägt werden. Die Sorge einer Mutter um ihre Tochter ist verständlich – und doch sollten wir unterscheiden, ob diese Sorge auf tatsächlichen Erfahrungen oder auf medial verstärkten Klischees beruht.
Der Islam bietet klare Leitlinien für ein partnerschaftliches, respektvolles und liebevolles Eheleben. Er schützt Frauenrechte, verurteilt Zwang und Missbrauch und stellt Männer in die Verantwortung, ihre Partnerinnen zu ehren und zu unterstützen.
Es liegt an uns allen – auch Muslim:innen – zwischen Religion und patriarchaler Kultur zu unterscheiden. Nur so können wir Vorurteile abbauen und den wahren Kern einer Religion sichtbar machen, die auf Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt basiert.